Es sind bereits zwei Monate seit der russischen Neujahrsfeier vergangen. Der Frühling naht, obwohl man den Winter in diesem Jahr nicht Winter nennen kann, weil er viel zu mild ist. Jedes Mal, wenn es schneit, eilen die Kinder voller Vorfreude auf die Straße, um ein paar Schneebälle zu rollen und ihre Spuren auf dem Schnee zu hinterlassen. Wenn sie zurück zu Hause angekommen sind, rufen sie laut voller Freude: „Frau Holle hat uns den Schnee gebracht! Mama, wann gehen wir wieder zu der russischen Weihnachtsfeier, die „Jolka“ heißt? Ist Väterchen Frost der Bruder von Frau Holle und das Schneemädchen auch ihre Enkelin?…“ Alle diese Frage sind von der Kinderweihnachtsfeier „Jolka“, die von der russischen Schule Nr.1 von Collegium Artium Göttingen e.V. organisiert wurde, geblieben.
Jedes Jahr ist vor den Weihnachtsferien viel zu tun. Ganz besonders die Kinder können das Weihnachtsfest kaum erwarten. Das Weihnachtsfest nach deutschen Bräuchen für russischsprachige Familien ist ein Fest neuer Traditionen, welche sie in ihre Familie aufnehmen.
Dabei ist die Feier des Neujahrs ein sehr wichtiges Ereignis. Dies ist ein Fest, welches uns neue Hoffnungen gibt und uns gleichzeitig mit der Kindheit und den Märchenwelten verbindet. Man wird entführt in die Welt von Väterchen Frost mit dem Schneemädchen und natürlich in die des Tannenbaums „Jolka“.
Wie viele Eltern, die aus der ehemaligen Sowjetrepublik kommen, suche ich für meine Kinder nicht nur eine Gelegenheit, die russische Sprache zu lernen, sondern auch die Möglichkeit, ihnen Traditionen zu zeigen und sie mit den Märchenwelten vertraut zu machen.
Bereits seit drei Jahren besuche ich mit meinen Kindern verschiedene Veranstaltungen rund um den russischen Tannenbaum „Jolka“, die von öffentlichen Organisationen veranstaltet werden. In der Regel handelt es sich um Silvesterpartys, bei denen die Kinder mit dem Weihnachtsmann und seinen Märchenhelden um den Baum tanzen. Jedes Kind kann ein Lied singen, ein Gedicht erzählen oder einen Tanz zaubern und erhält im Gegenzug ein süßes Geschenk. In diesem Jahr ist mir vor Allem das russische Tannenbaumfest „Jolka“ der russischen Schule Nr. 1 in Erinnerung geblieben. Dies war nicht einfach nur eine Nachmittagsvorstellung, sondern ein richtiges Fest mit dem Neujahrsbaum und professionellem Theaterauftritt.
In diesem Jahr wurde das Fest am 13. Januar in der Roten Straße 34, im Herzen der Göttinger Innenstadt, gefeiert. Das Haus, in dem das Fest stattfand, fanden wir schnell, es erwies sich als das älteste in Göttingen bekannte historische Gebäude – das Holbornsche Haus, in dem jede Ecke des Hauses ihre ganz persönliche Geschichte erzählte.
Hinter der schönen alten Tür befand sich in der Tiefe des großen, geheimnisvollen Raumes in der Dunkelheit ein fabelhafter großer Schneemann, der schon ganz gespannt auf sein Publikum wartete. Er schien sich vor uns zu verstecken. Wir wurden sehr herzlich begrüßt und entlang des Flures bis zur Garderobe geführt. Danach wurden wir in einen großen hellen Raum geladen. Dort wartete auf uns bereits Väterchen Frost. Er stand dort ganz unscheinbar mit seiner Enkelin „Snegurotschka“ (Schneemädchen) in der Nähe des schön geschmückten Tannenaums und begrüßte lautstark die Kinder und winkte ihnen zu. Meine Töchter liefen sofort zum Tannenbaum, um neben den wichtigen Märchenhelden Platz zu nehmen. Dort versammelten sich viele Kinder. Sie hörten den Worten von Väterchen Frost zu. Er hatte echtes trockenes Eis dabei und erzählte eine unglaubliche Geschichte über das Eis. Danach haben wir alle glücklich gesungen und getanzt und Snegurotschka verteilte Leckereien. Während wir auf die Figurentheateraufführung warteten, bedienten wir uns am Buffet des Väterchen Frost und genießten viele Leckereien. Bereits vor der Aufführung hatte sich bei Allen gute Laune verbreitet. Nach der Klingel gingen wir in den Saal mit dem Schneemann zurück. Dort ließen wir uns von der Aufführung „Frau Holle“ verzaubern. Das Stück von Tatjana Khodorenko war ein voller Erfolg. Es war so mitreißend, dass die Kinder noch lange nicht gehen wollten. Zum Ende hin hat jedes Kind ein Geschenk erhalten. Wir sind glücklich nach Hause gefahren. Am Abend konnten die Mädchen lange nicht einschlafen. Sie legten die Federn von Frau Holle unter ihr Kopfkissen, um märchenhaft zu träumen.
Es war alles gut organisiert. Das wichtigste ist und bleibt, dass meine Töcher sich an diese Feier gut erinnern und vor Allem an den Schnee von Frau Holle, den es eigentlich gar nicht gab. Denn es war ein wunderschöner, sonniger und warmer Tag.
Bald kommt der Frühling und damit neue Feiertage. Jeder Feiertag für ein Kind ist ein Märchen und von Märchen kann man nie genug kriegen.
Lena Meyer